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02.08.2005 - Der erste Monat in Finnland
Einen Monat bin ich – oder besser gesagt – sind wir nun unterwegs und haben mittlerweile viel erlebt. Es ist gar nicht so einfach einen Anfang zu finden…..!
Während der Vorbereitungsphase fuer diese Tour habe ich sehr viel im Internet recherchiert und bin dabei unter anderem auf Erfahrungsberichte von Globetrottern gestossen, die alle skandinavischen Länder bereist haben. Der Grundtenor, der bei dem Versuch die Länder miteinander zu vergleichen mitschwang, war, dass Finnland rein landschaftlich mit Norwegen und Schweden nicht mithalten könne. Nun, es war vielleicht nicht so drastisch formuliert, aber so kam es damals bei mir an. Ich war also sehr gespannt darauf, was mich während meiner ersten Etappe in Finnland nun tatsächlich erwarten wuerde. Am 01.Juli gings los. Mit der Fähre von Rostock nach Hanko, einem kleinem Städtchen an der finnischen Kueste und von dort aus weiter mit dem Auto nach…..ja wohin eigentlich. Genau hier begann im Prinzip schon das erste kleine Abenteuer. Dazu muss ich erwähnen, dass ich den Luxus geniessen durfte, von meiner Familie nach Finnland chauffiert zu werden (vielen Dank noch einmal an dieser Stelle). Am 02. Juli um 19:00 Uhr kamen wir in Hanko an. Relativ entspannt und gut gelaunt machten wir uns von dort aus auf den Weg – mein Bruder am Steuer, ich mit (irgendwann) definitiv zu vielen unterschiedlichen Karten auf dem
Beifahrersitz und meine Eltern hinten auf den Ruecksitzen (…so wie sich das halt gehört ;-). Unser Ziel war ein kleines Dorf, direkt am See gelegen, welches ich ausgewählt hatte, um dort das ”Basislager” zu errichten. Uebrigens ist mir der Name dieses kleinen Dorfes gerade entfallen und wird mir auch definitv nie wieder einfallen. Es muss so etwa um 01:00 Uhr nachts gewesen sein, als wir durch den letzten Ort fuhren, dessen Name zumindestens auf einer der zahlreichen Karten auftauchte. Von da ab fuhren wir eigentlich nur noch auf Schotterpisten, vorbei an vereinzelten Huetten und unsere einzigen Anhaltspunkte, die Ortsschilder, waren von diesem Zeitpunkt an nicht mehr gesehen…. So gegen 06:00 Uhr morgens hatten wir uns dann so ”verfranzt”, dass wir völlig die Orientierung verloren. Ich hatte mir zwar ein GPS Gerät besorgt, dieses half uns aber irgendwie auch nicht richtig weiter. Ungefähr ab diesem Zeitpunkt kamen dann auch von den Ruecksitzen nicht mehr allzu viele Kommentare (…..zzzzzzzzzzzzzzz! ;-)
Als wir uns dann endlich wieder orientiert hatten, beschlossen wir an der nächstbesten Stelle anzuhalten um die Zelte aufzubauen und endlich etwas Schlaf zu bekommen. Wir fanden schliesslich auch eine geeignete Stelle, wobei auch das gar nicht so einfach war, da nahezu alle Plätze, die mit dem Auto erreichbar sind, auch mit einer schnuckeligen Huette versehen sind. Ich denke es muss so gegen Mittag gewesen sein, als wir in unsere Zelte krochen und endlich, endlich endlich etwas Schlaf fanden. Noch am selben Tag machte ich mich daran unter den neugierigen Blicken meiner Begleiter mein Faltboot zusammenzubauen, welches Mygga und mich heile bis nach Oulu bringen soll, dem Ziel der ”Finnland-Etappe”. Am nächsten Tag, dem 04. Juli verbrachten wir dann das Wunder, an das meine Eltern wohl anfänglich nicht geglaubt haben und verstauten tatsächlich das gesamte mitgebrachte Gepäck im Boot (inklusive kompletter Verpflegung fuer einen Monat fuer mich sowie ungefähr 20 Kilo Hundefutter fuer Mygga) und gegen Nachmittag stachen wir dann in See. AUF NACH OULU !!!!! Ich glaube ohne die Ruhe und Gelassenheit meines Bruders, der uebrigens die ganze Strecke durchgefahren ist, hätte sich alles noch wesentlich komplizierter gestaltet und ich muss an dieser Stelle einfach nochmal erwähnen, dass ich das richtig cool fand, dass meine Eltern die ganze Aktion inkl. Zelten mit durchgezogen haben. Und Mygga ? Tja, Mygga hat sich eigentlich die ganze Hinfahrt ueber vorbildlich verhalten – sie hat viel geschlafen. Zugegeben, es gab kleine Problemchen, die bewältigt werden mussten. Zum Beispiel ihr beizubringen,
dass sie während der 21-stuendigen Fahrt auf der riesigen Fähre ihre ”Geschäfte” nur in einer ca. 1m x 1m grossen Sandkiste verrichten darf oder sie vor den Angriffen der Muecken zu schuetzen. Um sie fuer den Fall, dass hier tatsächlich die Sonne scheint, vor der Hitze zu schuetzen, habe ich ihr noch auf der Hinfahrt einen Sonnenschirm besorgt, den man mit Hilfe einer Klammer am Bootsrand befestigen kann. Da ich zumindestens in den ersten beiden Wochen eigentlich nur blauen Himmel und Sonnenschein geniessen durfte, kam der Schirm also vom ersten Tag an zum Einsatz. Selbst fuer die Finnen scheint das aber nun ein sehr merkwuerdiges Bild zu sein : ein schwitzendes,dickliches Kerlchen, das in der Sommerhitze
verzweifelt versucht, ein viel zu schweres Faltboot vorwärts zu bewegen und vorne drin ein Hund mit riesigen Ohren, der einer Prinzessin gleich unter einem gruen-weissen Sonneschirm duch die Gegend gefahren wird. Zumindestens schien das der Anlass fuer einige Motorboot-Fahrer zu sein, ihre rasante
Fahrt abrupt zu stoppen und die Ferngläser zu zuecken Wenn ich an die ersten Tage zurueck denke, dann fällt mir vor allen Dingen ein, dass ich dachte ”…Mann, dass hast du dir irgendwie einfacher vorgestellt”. Von meinem angestrebten Ziel am Tag mindestens 10-15 Kilometer zu paddeln musste ich zunächst Abstand nehmen und war froh täglich 7-8 Kilometer zu schaffen. Um mich ein wenig in Schutz zu nehmen muss ich erklären, dass ich alleine in einem Zweimann-Boot fahre mit einer Menge an Gepäck und wie mir eine Dame eines Touristenbueros ein paar Tage vor der Abreise noch miteilte – fast den gesamten Weg gegen den Strom. Und die Strömung kann hier teilweise so stark sein, dass man wenn man nicht paddelt
selbst auf einem See bei Windstille rueckwärts treibt! Erstaunlicherweise hat sich aber mein Körper sehr schnell an die neuen Gegebenheiten gewöhnt und so kann ich mittlerweile stolz verkuenden, dass ich es bei gutem Wetter so auf 20-30 Kilometer bringe (an einigen Tagen war ich gezwungen weiter zu paddeln, aber das war dann auch nicht mehr so schoen). Vor zwei Wochen hätte ich wahrscheinlich noch gesagt, das meine ”Lieblings-Paddel-Wetter” abends ab 19:00 Uhr mit achterlichem (von hinten kommenden Wind) bei 3-4 Windstärken ist - aber mittlerweile kann ich es gar nicht mehr genau sagen. Das ist vielleicht darauf zurueckzufuehren, dass sich das Wetter hier vor ca. 2 Wochen ziemlich geändert hat. Dabei fallen mir die Worte eines jungen Finnen ein, den ich im Hafen einens kleinen Städtchens kennenlernte : ”…this
is not a normal summer – there must be more rain” ! Und der Regen kam noch am selben Abend – gluecklicherweise hatte ich da mein Camp schon errichtet. Aber der Regen ging in den darauffolgengenden 4 Tagen auch nicht weg und da er stets in Begleitung von gewaltigen Gewittern kam, hiess das fuer Mygga
und mich ausharren und hoffen, dass das Wetter sich bessert- ach so und sich die gute Laune durch den Verzehr mehrerer Tagesrationen an Suessigkeiten zu erhalten ;-) Mittlerweile war ich nun schon bei fast jedem Wetter draussen auf dem Wasser nur nicht bei Gewitter und manchmal auch nicht unbedingt freiwillig. So habe ich ziemlich schnell gelernt, dass man sich bei starkem Rueckenwind (den ich ja so liebe, weil man eine Unterstuetzung gegen die Stroemung hat) am besten alle 5 Minuten einmal umdrehen sollte. Denn so manches mal wurde ich mitten auf dem See von wahren Ungeheueren ueberrascht, dunklen riesigen Wolkentuermen, die jede Menge Regen mit sich brachten. Generell fällt es mir sehr schwer (selbst als angelernter ”Hamburger Jung”) das Wetter hier oben einzuschätzen. An einem Tag ist es sonnig mit völlig blauem Himmel und direkt am nächsten Tag folgt ein Gewittersturm dem nächsten. Da hilft nur,
sich immer auf das schlimmste gefasst zu machen (also die Regenkleidung immer griffbereit und Mygga regendicht verpackt) und zu hoffen, dass es trocken bleibt.
Finnland, das ”Land der tausend Seen”…..ja das ist definitiv wahr. Die Landschaft hier oben ist einfach atemberaubend. Die Seen sind durchsetzt mit zahlreichen kleinen und grossen Inseln, so dass die eigentliche Grösse der jeweiligen Seen eigentlich erst auf der Karte deutlich wird. Und eine gute Karte ist hier die allererste Bedingung um sich zurechtzufinden – ansonsten hat man in diesem ”Labyrinth” definitiv keine Chance. Ich paddel jetzt seit einem Monat in einem der drei grossen Seengebiete im Sueden innlands und habe seit dem schätzungsweise 500-600 km zurueckgelegt, ohne dass ich mein Boot ein einziges Mal ueber Land tragen musste – beeindruckend oder?
Finnland, das ”Land der Muecken”….nun, bei unserer Ankunft wurden wir tatsächlich von zahlreichen Muecken attackiert. Aber seit ich unterwegs bin waren die Muecken kein Problem – zumindestens bis vor Mitternacht, denn dann kommen sie und zwar zahlreich. Man kann nach meiner Erfahrung echt die Uhr
danach stellen. Es muss die erste oder zweite Nacht gewesen sein, als ich dachte ”Mensch, das mit den Muecken ist doch echt nicht so schlimm”. Doch dann so gegen 23:00 Uhr besetzen die ersten wagemutigen das Mueckennetz meines Zeltes und wenn man dann nachts aufwacht hat man das Gefuehl, das in mehreren Kilometern Entfernung ein Formel 1 Rennen stattfindet, weil das ganze Zelt von Muecken umkreist wird. Diese sind aber morgens wieder verschwunden und somit ist das tatsächlich kein allzu grosses Problem. Ich fuehre das darauf zurueck, das ich vorzugsweise auf kleinen Inseln campiere, die den Vorteil haben, dass ich Mygga absolut frei laufen lassen kann, was sie auch sichtlich geniesst. Ueberhaupt scheint ihr das alles viel Spass zu machen.
Finnland, ”Die Menschen” : Mittlerweile habe ich einige Finnen kennengelernt und diese waren alle superfreundlich, hilfsbereit und gastfreundlich. Was viele Finnen zu interessieren scheint, ist die Tatsache, dass ich vom Sueden des Landes bis nach Oulu paddeln will, wobei aber keine direkte Wasserverbindung existiert. Schon so mancher Bootsbesitzer, dem ich die Geschichte erzählte, eilte darauf in seine Kajuete und kam mit diversen Karten wieder um mit mir zusammen nachzuschauen, welche Route man am besten
nehmen könnte. Fakt ist, dass ich das Boot ueber Land tragen muss. Die Frage ist nur, wie weit. Einen Finnen, den ich abends nach einem Sturm auf dem Wasser kennenlernte, zeigte mir zunächst eine wirklich schöne kleine Insel mit Feuerstelle und drum und dran, auf der ich uebernachten durfte und fuhr in der Zeit in der ich mein Camp errichtete schnell nach Hause um die aktuellsten Karten aus dem Internet auszudrucken, kam zurueck und sprach eine mögliche Route mit mir durch und schenkte mir darauf die Karten. Bei einer Familie durfte ich nach dem ich den ganzen Abend nach einer Stelle zum Uebernachten gesucht hatte im Garten zelten und ich durfte sogar ihre Dusche benutzen – das war einfach toll. Im Touristenbuero von Kuopio durfte ich Mygga zuruecklassen, um einzukaufen und im Touristenbuero von Iisalmi sitze ich in dieser Minute gerade an einem Buero-Rechner, der mir freundlicherweise zur erfuegung gestellt wurde und schreibe diese Mail. Das ist uebrigens auch der Grund, warum dieser Bericht ein wenig gehetzt klingen mag - ich will den Platz hier nicht allzu lange besetzen. Auch gibt es hier einige Buchstaben wie U-Umlaut oder O-Umlaut nicht – insofern bitte ich etwaige Rechtschreibfehler zu entschuldigen.
Internet-Cafes gibt es hier tatsächlich nicht sehr viele (ich habe bis jetzt nur eines entdeckt und in diesem waren alle drei Rechner kaputt !!)
Falls jemand Interesse hat, meine Route auf einer Karte nachzuvollziehen, hier die grösseren Ortschaften : gestartet bin ich im Sueden, nahe eines Städtchens Namens Ristina, dann ueber Puumala nach Savonlinna, Varkaus, Kuopio, Iisalmi. Von Iisalmi aus möchte ich dann ueber den Oulujärvi (See) und den Oulujoki (Fluss) bis nach Oulu.
Ich wuerde euch gerne noch viel mehr Erlebnisse und Eindruecke berichten, wie z.B. von den riesigen bis zu 500 Meter langen Holzflössen, mit denen das Holz den Strom hinabtransportiert wird oder wie ich illegalerweise an einem Ruder-Wettrennen teilgenommen habe, oder wie Mygga sich so ueber eine kleine
Boje aufgeregt hat, dass sie vor Entruestung ins Wasser gefallen ist, oder dass ich mittlerweile sogar schon ein Zeitungs-Interview gegeben habe und und und!! Aber das Touristenbuero wird gleich schliessen und ich hoffe ich schaffe es noch, die Mail jetzt abzuschicken.
Abschliessend möchte ich noch sagen, dass es Mygga und mir richtig gut geht und das ich meine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise bereue. Ich hoffe euch geht es auch allen gut. Ich werde probieren mich in Oulu wieder zu melden, was so ungefähr in einem Monat sein duerfte.
Bis dahin wuensche ich euch alles Gute
Viele Gruesse
Micha |
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